I. Sachverhalt
A. Im Oktober 2024 veröffentlichte die Zeitschrift «Basel aktuell» gemäss eigener Angabe auf dem Titelblatt «12 Sonderseiten zu den Regierungs- und Grossratswahlen 2024». Im Inhaltsverzeichnis steht unter der Spitzmarke «Sonderseiten – Wahlen» «Alles Relevante zur Basler Regierungsratswahl 28 – 39». Auf den Seiten 32, 33, 35, 36, 37 und 39 stehen Porträts von Kandidierenden verschiedener Parteien sowie Analysen der Wahlkreise und der jeweiligen Parteienstärke. Auf Seite 34 und 38 findet sich Werbung für die Parteien bzw. die Kandidierenden.
B. Am 1. Oktober 2024 reichte X. beim Schweizer Presserat Beschwerde gegen die Sonderseiten in «Basel aktuell» ein. X. macht einen Verstoss gegen die Richtlinie 10.1 (Trennung zwischen redaktionellem Teil und Werbung) zur «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend: «Erklärung») geltend. Zwischen den kurzen Porträts der Kandidierenden und den Texten der Werbekampagnen sei kein Unterschied erkennbar. Auch die Richtlinien 10.2 (Sponsoring) und 10.4 (Public Relations) seien verletzt – weder sei markiert, welche Texte von den Parteien und welche von der Redaktion stammten, noch handle es sich um objektive Berichte. Die Sonderseiten würden weiter gegen folgende Richtlinien zur «Erklärung» verstossen: Gegen 2.2 (Meinungspluralismus), da nur Parteien aus dem politisch rechten Spektrum vorgestellt würden; gegen 2.3 (Trennung von Fakten und Kommentar), da sich die Werbetexte und redaktionellen Teile vermischen würden; gegen 3.6 (Montage), da die für die Kandidierenden genutzten Farbcodes nicht mit deren Parteifarben übereinstimmen würden.
C. Am 12. März 2025 nahm die Herausgeberin BirsForum Medien GmbH im Namen der Redaktion Stellung und beantragte die Abweisung der Beschwerde. Bei den kritisierten Kurzporträts von Kandidierenden handle es sich um bezahlte Konzeptinserate, also um kommerzielle Werbung. Die optische Gestaltung mit Rahmen, Verwendung der Logos, standardisierter Grösse und Gliederung der Inserate sowie des lnhalts (Texte in «lch»-Form neben Foto) sollten von LeserInnen als Werbung erkannt werden. Diese Werbeform werde bereits seit mehreren Jahren so gepflegt, bisher ohne Reklamation. Der Verlag wolle jedoch Überlegungen zur Anpassung und Kennzeichnung der Inserate anstellen, um eine Täuschung oder Irreführung von LeserInnen zu vermeiden.
D. Am 24. April 2025 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde gemäss Artikel 13 Abs. 1 seines Geschäftsreglements vom Präsidium behandelt, bestehend aus Susan Boos, Präsidentin, Annik Dubied, Vizepräsidentin, Jan Grüebler, Vizepräsident, und Ursina Wey, Geschäftsführerin.
E. Das Präsidium des Presserats hat die vorliegende Stellungnahme am 24. Mai 2025 verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Richtlinie 10.1 (Trennung zwischen redaktionellem Teil und Werbung) zur «Erklärung» verlangt, dass Inserate und Werbesendungen gestalterisch von redaktionellen Beiträgen klar abzuheben sind. Sofern sie nicht optisch eindeutig als solche erkennbar sind, müssen sie explizit als «Anzeigen», «Werbung», «Werbereportagen», «Werbespots» oder durch andere dem Publikum geläufige vergleichbare Begriffe deklariert werden. Journalisten dürfen diese Abgrenzung nicht durch Einfügen von Schleichwerbung in der redaktionellen Berichterstattung unterlaufen. Richtlinie 10.2 (Sponsoring, Koppelung von redaktionellen Berichten und Werbung) verlangt zudem, dass der Name des Sponsors bei gesponserten Medienberichten transparent zu machen ist und die freie Themenwahl und deren freie Bearbeitung durch die Redaktion zu gewährleisten ist. Redaktionelle Beiträge, die als «Gegenleistung» zu Inseraten und Werbesendungen veröffentlicht werden, sind unzulässig. Die kritisierten Beiträge wurden unter dem Titel «Sonderseiten Wahlen» präsentiert. Dass es sich dabei um bezahlten Inhalt handelt, ist optisch nicht erkennbar. Richtlinie 10.1 ist damit verletzt.
Der Presserat hat die Beschwerde nach der zum Zeitpunkt der Publikation geltenden Richtlinie 10.1 beurteilt. Seit 1. Januar 2025 ist eine neue, strengere Version von Richtlinie 10.1 in Kraft. Sie verlangt, dass nicht-redaktionelle Beiträge, die im Umfeld redaktioneller Beiträge erscheinen (also zum Beispiel sogenannte Native Ads), eindeutig deklariert sind und in erkennbar anderer Gestaltung daherkommen. Bislang war nur ein Entweder-oder verlangt worden.
2. Die vom Beschwerdeführer weiter gerügten Verletzungen der Richtlinien 2.2 (Meinungspluralismus), 2.3 (Trennung von Fakten und Kommentar) und 3.6 (Montage) sind im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Wie von «Basel aktuell» vorgebracht, handelt es sich um bezahlte Inhalte. Auf diese ist die «Erklärung» nicht anwendbar.
III. Feststellungen
1. Der Presserat heisst die Beschwerde teilweise gut.
2. «Basel aktuell» hat mit den «12 Sonderseiten zu den Regierungs- und Grossratswahlen 2024» vom Oktober 2024 die Ziffer 10 (Werbung) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt.
3. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.